Adaption von digitalen Kameras an Mikroskope
Auf dieser Seite wird auf verschiedene Möglichkeiten der Bilderfassung mit Web-Kameras, CCD-Kameras oder digitalen Fotoapparaten eingegangen.
Möglichkeiten der Kopplung
Mikroskop - Kamera
1. Webcam - Mikroskopokular
Die einfachste und billigste Variante
für die Bilderfassung am Mikroskop ist der Einsatz einer Webcam. Man benötigt
im PC keine Framegrabberkarte zur Bilderfassung, die Webcam kann auch an einfachen
Mikroskopen montiert werden, die mitgelieferten Twain-Treiber gestatten die
Bilderfassung und Darstellung eines Live-Bildes über viele Grafikprogramme.
Aufgrund des geringen Gewichtes der Kamera wird der Mikroskoptubus nicht nennenswert
belastet. Leider ist der Dynamikumfang der in Webcams eingesetzen CCD-Chips
für gute Dunkelfeldaufnahmen nicht ausreichend, es kommt zu Überstrahlungen
der hellen Bildelemente.
Empfohlen sei aufgrund der für eine Webcam
sehr guten Bildqualität besonders der Typ Philips ToUcam Pro PCVC 740K
(siehe Seite Historie). Diese Kamera kostet rund 70,- €.
Man kann Webcams auf zwei Arten an das Mikroskop anpassen:
Darstellung des Wirkprinzips
(Textvorlage auf Mikroskopie angepasst, Textvorlage und Bildmaterial mit
freundlicher Genehmigung kopiert von der Webseite der Firma Baader-Planetarium,
http://www.baader-planetarium.de):
Was ist eine afokale Okularprojektion
und wie funktioniert sie ?
Nebenstehendes Bild zeigt Ihnen den optischen Strahlengang einer afokalen
Projektion und soll das ganze verständlich machen.
© 2002 - W.Paech
Bei einer normalen Okularprojektion wird
das Objektiv der Aufnahmekamera entfernt und das Okular projiziert ein vergrößertes
Bild - ähnlich eines Diaprojektors - auf den Film. Bei den gängigen
Digitalkameras kann aber das Kameraobjektiv nicht entfernt werden, deshalb
wird es in die Projektion einbezogen:
Das Licht des zu mikroskopierenden
Objekts tritt - von links kommend - in das Objektiv des Mikroskops ein und
wird im Brennpunkt vereinigt. Der Brennpunkt des Okulars fällt mit
dem Brennpunkt des Objektivs zusammen und das - aus dem Okular - austretende
Lichtbündel ist wieder parallel und wird normalerweise durch die Augenlinse
auf die Netzhaut fokussiert. Die Augenlinse wird jetzt durch das Objektiv
der Digital- oder Web-Kamera ersetzt. Ist dieses auf unendlich fokussiert,
dann bündelt es das parallele Licht auf dem CCD-Chip und man erhält
ein scharfes Bild des Aufnahmeobjekts.
Die Vorgehensweise zur Aufnahme ist also
folgende: Mit dem Auge das Mikroskop fokussieren, die Digitalkamera ansetzen,
auf Unendlich fokussieren (erledigt meist das Autofokussystem) und Auslösen.
Fertig.
Die Bildvergrößerung wird entweder über
die Okularbrennweite oder die Zoomfunktion der Digitalkamera (sofern vorhanden)
geregelt. Die neue - dabei entstehende scheinbare - Brennweite, auch Äquivalentbrennweite
genannt, berechnet sich wie folgt:
f_neu = (f_Mikroskop x f_Objektiv) / f_Okular,
ist f_Okular = f_Objektiv erhält man
eine 1:1 Abbildung und die Brennweite entspricht der Originalbrennweite
Der Abstand
zwischen Okularlinse und Kameraobjektiv geht in die Ermittlung der Äquivalentbrennweite
nicht ein. Er spielt aber eine wichtige Rolle für die Bildvignettierung. Je weiter sie auseinander stehen, desto größer
ist die Vignettierung. Sie sollten sich also möglich (fast) berühren.
Ein weiterer Punkt spielt eine Rolle bei der Bildvignettierung: Das parallel
aus dem Okular austretende Licht hat den maximalen Durchmesser der Okularlinse.
Sitz dahinter ein Kameraobjektiv mit deutlich größerer Frontlinse
ergibt sich sofort eine starke Bildvignettierung. Eine Bild ohne Vignettierung
entsteht nur wenn die Aufnahmeoptik der Kamera nicht größer als
die Okularlinse ist.
2. CCD-Kamera - Mikroskopokular
Hier gelten sinngemäß die
Ausführungen zur Kopplung Webcam - Okular. Auch hier kann man mit der fokalen
oder afokalen Okularprojektion arbeiten. CCD-Kameras haben gegenüber Webcams
größere CCD-Chips (bis 1/2" gegenüber 1/4" bei Webcams)
und dieser liegt näher am Gehäuserand. Damit wird das in fokaler Okularprojektion
erzeugte Bild weniger stark nachvergrößert. Auch ist bei CCD-Kameras
der IR-Filter meist direkt vor dem Chip eingebaut.
Nachteilig ist,
dass diese Kameras nicht über USB an den PC angeschlossen werden können.
Man benötigt eine Grafikkarte mit Videoeingang oder eine separate Framegrabberkarte
(ab 50,- €). Die Kamera selbst ist mit etwas Glück ab 50,- € bei ebay zu
ersteigern. Man achte auf gute Auflösung der Kamera (besser als 400 TV-Linien),
hohe Lichtempfindlichkeit (kleiner 10 Lux) und möglichst einen Y/C-Ausgang
für S-VHS-Bildqualität. Dann kann man mit diesen Kameras qualitativ
gute Bilder, auch im Dunkelfeld, erfassen.
Aufgrund des meist höheren
Gewichts im Vergleich zur Webcam muss man den Adapter für das Okular etwas
solider auslegen und auch bei leichten Mikroskopstativen für eine Abstützung
sorgen.
3. CCD-Kamera - Fototubus
Verfügt man über ein Mikroskop
mit Trinokulartubus, also mit einem senkrechten Fotostutzen, so kann die CCD-Kamera
über das C-Mount-Gewinde mit handelsüblichen Adaptern an diesem Stutzen
befestigt werden. Das Gewicht der Kamera stört durch die senkrechte Monatge
nicht.
Die meisten CCD-Kameraadapter haben nur einen einfache Linse, die
das Bild der Objektive verkleinert auf den CCD-Chip der Kamera projiziert. Somit
entfällt die Bildfeldebnung, die bei Okularprojektion durch das Okular
stattfindet. Man muss also mit etwas Randunschärfe leben.
4. Digitalkamera - Mikroskopokular
In der letzen Zeit habe ich einige Tests mit Digitalkameras am Mikroskop gemacht. Testkandidaten waren eine Nikon Coolpix 900s sowie eine Canon Powershot A70. Da bei den Consumer-Digitalkameras das Objektiv nicht entfernt werden kann, wird auch hier wie bei der Webcam-Anpassung mit dem Verfahren der afokalen Okularprojektion gearbeitet.
Wichtig bei der Adaption von Digitalkameras an Mikroskope sind folgende Punkte:
Basis der meisten Adapter zwischen Mikroskop und Digitalkamera sind Weitfeld-Brillenträgerokulare mit hoch liegender Austrittspupille. Gut geeignet sind u.a. die Leitz Periplan WF 10x/18 Brille (Austrittspupille ca. 16 mm), die von Hause aus schon ein Gewinde M28 x 0,75 mitbringen. Dort ist normalerweise die Gummi-Augenmuschel aufgeschraubt. Entfernt man diese, kann das Okular direkt in das Filtergewinde der Nikon Coolpix-Modelle 900 bis 995, 4500 oder 5000 geschraubt werden. Man umgeht so die doch recht hohen Kosten für die speziellen Mikroskop-Adapter.
Hier das Beispiel Nikon Coolpix 900s (Gebrauchtkauf ebay, 150 €, 1,3 Megapixel, Objektivgewinde M28 x 0,75, schwenkbarer Monitor, Fernsteuermöglichkeit über die serielle Schnittstelle).
Screenshot und Beispielbilder sind auf Originaldateien
verlinkt. Achtung, die Links öffnen
die Originalbilder der Kamera, teilweise über 600 kByte groß, Ansehen
nur mit DSL empfehlenswert:
Leider gestatten die moderneren Coolpix-Digitalkameras keine Fernsteuerung mehr, so sind die Modelle Coolpix 900 und 900s als insider-Tipp zu handeln. Trotz der nur 1,3 Megapixel Auflösung kommen sehr gute Bilder zustande. Man muss nur damit leben, dass der Vorschaumodus über die serielle Schnittstelle nicht für das Verfolgen lebender Organismen, womöglich sogar der schnell dahinflitzenden Ciliaten, taugt. Aber der Monitor der Kamera ist schwenkbar, so dass man dort eine bequeme Vorschaumöglichkeit hat.
Seit kurzem besitze ich eine Digitalkamera Canon Powershot A70 (ca. 390 €, 3,2 MegaPixel, optionaler Objektivadapter mit Filtergewinde M 52, komplette Fernsteuerung über USB-Schnittstelle), die ich mittels eines Mikroskopadapters der Firma Promicron (Weitfeldprojektiv 10x mit Gewinde M28 x 0,75, StepUp-Ring M28 auf M52, Listenpreis ca. 250 €, ebay teilweise ab 165 €) am Mikoskop betreibe.
Dazu hier einige Bilder (Screenshot und Beispielbilder sind auf Originaldateien
verlinkt, Achtung, die Links öffnen
die Originalbilder der Kamera, teilweise über 600 kByte groß, Ansehen
nur mit DSL empfehlenswert):
Auf Anfragen verschiedener Mikroskopiker habe ich einen Vergleichtstest zwischen der Abbildungsgüte (insbesondere Bildfeldebnung) des Promicron-Adapters und des Leitz Periplan-Okulars 10x/18 Brille (Nr. 519750) an der Canon A70 durchgeführt. Hier die Ergebnisse (Vorschaubilder sind auf die Kamerabilder verlinkt, diese wurden allerdings im Interesse der Ladezeit auf 800x600 Punkte verkleinert).
Objektiv: semiplan noname 40/0,65 Kameraeinstellung: Weißabgleich Kunstlicht, Blende 8
Man kann deutlich erkennen, dass das Leitz Okular eine wesentlich bessere Bildfeldebnung
und auch besseren Kontrast aufweist. Durch die etwas weiter zurückliegende
Augenlinse des Leitz Periplan ist das Bild geringfügig stärker vignettiert.
Bei Kamerabrennweite 9,4 mm verschwindet die Vignettierung bei beiden Okularen
aber.
Zusammenfassend kann man sagen, CCD-Kamera und Digitalkamera haben beide ihre Berechtigung am Mikoskop: die CCD-Kamera für die echte live-Darstellung am Bildschirm oder für Videoaufnahmen, die Digitalkamera für höher aufgelöste Bilder. Oftmals kann man die wahre Auflösung aber gar nicht ausnutzen, da entweder die Objekte zu dick sind und damit Unschärfe ins Bild kommt, die Objektive selbst keine ausreichende Bildfeldebnung haben, so dass man nur den mittleren Teil der Fotografie verwerten kann oder die zu mikroskopierenden Objekte sich einfach zu schnell bewegen, bevor die Kamera fokussiert oder ausgelöst hat.
Nachteil der CCD-Kamera ist, dass sie nur mit einer Videokarte im Rechner betrieben werden kann, diese Karten sind aber ab ca. 50 € gelegentlich zu bekommen. Viele neue Rechner haben auch schon standardmäßig eine TV-Karte mit Videoeingang. Wenn Sie eine Videokarte nachkaufen, achten Sie bitte auf den eingebauten Chipsatz: Die super-Bilderfassungssoftware DScaler funktioniert nur mit Brooktree-Chipsätzen (BT 848, BT 878).
Berechnung der nötigen CCD-Pixelanzahl in Abhängigkeit vom Objektivtyp:
Die nötige Auflösung von CCD- oder Digitalkameras wird häufig überschätzt. So braucht man für die im Amateurbereich meist verwendeten achromatischen Objektive nur recht geringe Megapixel-Werte. Bei geeigneter Anpassung zwischen Mikroskop und Kamera benötigt ein Objektiv 10/0,25 nur ca. 1,5 MPixel, höher vergrößernde Objektive sogar viel weniger (40/0,65 z.B. 0,64 MPixel).
Eine interaktive Flash-Applikation zur
Berechnung der CCD-Größen ist hier zu finden:
http://www.microscopyu.com/tutorials/flash/pixelcalc/index.html
Somit wird klar, dass auch bei meinen Beispielbildern kaum ein Unterschied zwischen den Bildern der Coolpix 900s und der Canon A70 zu sehen ist.
Sinnvoll werden die besser auflösenden CCD-Chips in dem Moment, wo man niedrig vergrößernde Objektive hoher Apertur verwendet (ein Plan-Apochromat 10/0,45 benötigt fast 5 MPixel) und die Bilder dann ggf. nachvergrößert. Man könnte also beim Objektiv 10/0,45 auf bis zu 450-fache Endvergrößerung gehen, ohne aus dem Bereich der förderlichen Vergrößerung zu kommen.
Für tiefenscharfe Bilder ist es besser, Objektive geringer Vergrößerung zu verwenden und das Bild nachzuvergrößern als direkt mit hoch vergrößernden Objektiven zu arbeiten. Ein Beispiel für die scharf abgebildete Objektdicke: Achromat 10/0,25 = 8,5 µm, Achromat 40/0,65 = 1,0 µm.
Weitere interessante Einzelheiten zum Thema Ausflösung, Schärfentiefe usw. findet man unter http://www.microscopyu.com/articles/formulas/formulasfielddepth.html
Ich werde diesen Teil meiner Webseite weiter ergänzen, schauen Sie immer mal wieder rein.
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